24. Februar 2023: Statement zu einem Jahr Krieg in der Ukraine
Deshalb ist heute ein zutiefst trauriger Tag.

Der Politologe Herfried Münkler äußerte in der NNN unlängst: „Es gibt keinen Weg zurück zum 23. Februar 2022.“ Die Hoffnungen aller, die noch am Vorabend des 24. Februar und ich schließe mich darin ein, geglaubt haben, dass eine Großmacht und nuklear bewaffneter Akteur keinen Krieg in Europa beginnen wird, zerbrachen in den Morgenstunden des vergangenen Jahres.
Und er sagt auch, warum wir das dachten. „Wir waren davon zutiefst überzeugt, dass „wirtschaftliche Macht als Medium der menschlichen Verhaltenssteuerung hinreichend ist und dazu eine militärische Macht nicht gebraucht wird“.
Wir haben uns getäuscht, müssen hinschauen, aushalten und dürfen uns jedoch nicht daran gewöhnen, dass ein Staatenkrieg in Europa stattfindet. Ein militärisch überlegener Staat bricht Völkerrecht, greift täglich die Infrastruktur eines freien Staates an und tötet seine Bevölkerung. Putin, der sein Ziel, als einstige Supermacht wieder eine bestimmende Rolle spielen zu können, damit tarnt, indem er den von ihm begonnen Krieg einerseits nach wie vor als spezielle Militäroperation herunterspielt und andererseits sprachlich völlig überzogen, manipulierend, und verlogen, dafür Rechtfertigungen sucht, wird seine Truppen nicht abziehen. Er wollte schnell gewinnen. Er hatte nicht mit dem Willen der Ukrainer und Ukrainerinnen gerechnet, die ihr Land unter großer Opferbereitschaft verteidigen. Putin setzt jetzt auf Ermüdung.
Ein Jahr nach dem unentschuldbaren Angriffskrieg scheinen ein Waffenstillstand und offizielle Friedensverhandlungen in weiter Ferne. Es wird gekämpft, verletzt, vergewaltigt, getötet und geflohen. Wir wissen und können annehmen, dass auch viele russische Familien um ihre Väter und Söhne weinen, die skrupellos in den Krieg geschickt werden.
Deshalb ist heute ein zutiefst trauriger Tag.
Viele Menschen weltweit hat der Widerstand des ukrainischen Volkes beeindruckt. Auch das damit einhergehende multilaterale europäische Engagement. Gestern hat die UN-Vollversammlung ein klares Zeichen gesetzt. 141 der 193 UN-Mitgliedsstaaten stimmten für einen Friedensplan, der auch beinhaltet, dass Russlands Truppen die Ukraine vollständig verlassen. Sowohl unsere militärische Unterstützung als auch unsere humanitäre Hilfe sind unabdingbar.
Zahlreiche Menschen in unserem Land, das zeigen Umfragen, wünschen sich, dass wir uns als Deutschland „neutral“ verhalten und deshalb keine Waffen liefern. Mir gegenüber haben Bürger*innen geäußert, dass sie sich wünschten, dieUkraine würde aufgeben, zumindest auf Teile ihres Landes verzichten, damit Friedensverhandlungen möglich wären. Der Wunsch ist groß, dass damit wieder so etwas wie Normalität einkehrt, der sichtbare Krieg aufhört, wir als Land nicht in Mitleidenschaft gezogen werden und die Drohungen vor einer Kriegsausweitung und vor einem nuklearen Schlag aufhören. Diese Gedanken zu haben, ist nachvollziehbar, auch wenn ich sie nicht teile. Manche fühlen sich ohnmächtig und sind sehr besorgt, auch angesichts der vielen weiteren Krisen. Einige Menschen meinen, dass sie das nicht auch noch schultern können. Ein anderer Teil der Bürger*innen kann dem Kurs der Bundesregierung aus ihrem eigenen Geschichts- und Weltbild heraus nicht folgen.
Ein Dank an unsere regionalen Medien, dass sie insbesondere in dieser Woche noch einmal viele Stimmen versammelt haben und umfangreich berichteten. Besonders berührt hat mich das Interview mit dem Maler Norbert Bisky, weil ich mich in seinen Schilderungen wiedergefunden habe. Bewegt hat mich auch die Stellungnahme von Steffen Bockhahn. Die Auseinandersetzung so viele Jahre nach der Wende mit denen, die uns groß gemacht haben, mit Weggefährten und Freunden scheint nicht abzureißen und hat durch die aktuellen Ereignisse noch einmal an Fahrt aufgenommen. Auch wenn es bisweilen an die Schmerzgrenze geht, wir müssen im Gespräch bleiben.
Stoppen Sie sofort die kriegerische Gewalt, Ihre Drohungen und Lügen, Wladimir Putin! Für Frieden und eine souveräne Ukraine!